Autoritär, antidemokratisch, ewiggestrig: Das sind die Attribute, die<br/>dem Kulturpessimismus heute angeheftet werden. In einer Welt der<br/>globalisierten Moderne gelten seine Vertreter bestenfalls als Spielverderber.<br/>Dass eine kulturpessimistische Haltung auf kritischer Analyse beruht,<br/>war zwar noch in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts<br/>für jeden etwa an Adorno geschulten Geist eine Selbstverständlichkeit.<br/>Heute aber schließen die Wortführer des Zeitgeists nahezu alles, was sich<br/>als »Kultur« ausgibt, unterschiedslos in die Arme und erheben auch das<br/>Trivialste zum schützenswerten Gut. Wenn jede kulturelle Äußerung als<br/>sakrosankt gilt, ist Kulturkritik passé.<br/>Weil sich unsere Gesellschaft von jeder ernsthaften Form der Kulturkritik<br/>verabschiedet hat, begrüßt sie ihren eigenen kulturellen Niedergang als<br/>Fortschritt. Doch eine Kultur, die sich nicht mehr selbstverständlich als<br/>behauptenswert betrachtet, droht sich aufzugeben. In unserem Falle<br/>bedeutet dies, hinter die Ideale der Aufklärung – Freiheit, wissenschaftliche<br/>Rationalität und Individualismus – zurückzufallen. Alexander Grau<br/>versucht, Kulturpessimismus unter den Bedingungen globalisierter<br/>Wohlstandsgesellschaften als Geisteshaltung zu rehabilitieren, frei von<br/>raunender Geschichtsmetaphysik und nostalgischer Verklärung.