Scheitern wird im gesellschaftlichen Diskurs als selbstverschuldetes<br/>Versagen angesehen, das im Trend der Selbstoptimierung zu vermeiden<br/>versucht wird.<br/>Das Hauptanliegen dieses Buches besteht darin, die Philosophie des<br/>Psychiaters und Existenzphilosophen Karl Jaspers dahingehend zu<br/>untersuchen, inwieweit Scheitern auch einen möglichen Bildungsanlass<br/>zum Selbstwerden darstellt. Eine weite Auslegung des Bildungsverständnisses<br/>Jaspers’ schließt Selbstwerden als Bildungsziel mit ein.<br/>Zum Selbstwerden bedarf es nach Jaspers neben echten Begegnungen<br/>notwendigerweise der Auseinandersetzung mit dem eigenen Scheitern,<br/>da ohne die Erschütterung der Grenzsituation die zum Selbstwerden<br/>notwendigen Fragen ausbleiben. Aufgrund der antinomischen<br/>Struktur des Daseins ist Scheitern ein existenzielles Grundmotiv und<br/>sollte mit einer Offenheit für Antinomien sowohl vermieden als auch<br/>gleichzeitig gewagt werden. Hinsichtlich des Bildungsziels des Selbstwerdens<br/>wird dargestellt, dass es möglich und sinnvoll ist, die Konzepte<br/>des Selbstwerdens (nach Jaspers) nicht nur in einem rein philosophischen<br/>Rahmen zu belassen, sondern auch in der gegenwärtigen<br/>pädagogischen Praxis zu berücksichtigen.